„Anders zu sein,        
das muss man üben.“ Dieter Linz

Julo Levin

Immermannstraße 66

Julo Levin wohnte in der Immermannstraße 66 nahe dem Düsseldorfer Hauptbahnhof. Die gesamte Häuserzeile wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und nach Kriegsende nicht wiederaufgebaut. Heute befindet sich an dieser Stelle der Eingang zum KAP 1.

Der Künstler Julo Levin wurde am 5. September 1901 in Stettin als „Julius Levin“ geboren. Er hatte noch zwei Geschwister. Eine jüngere Schwester Else, geboren 1900, sowie einen älteren Bruder Martin, geboren 1899. Seine Eltern, der Generalagent Leo Levin (1869-1922) und Emma Levin, geborene Arnfeld, ließen sich am 27. November 1909 scheiden.

Nach Studienzeiten in Essen und München ließ sich Julo Levin 1919 in Düsseldorf nieder. Die Entscheidung nach Düsseldorf zu ziehen wurde durch den Umstand begünstigt, dass hier ein Verwandter lebte. Es war sein Onkel der Kaufmann Max Arnfeld. Julo Levin bezog eine eigene Wohnung in der Sohnstraße 25 im Zooviertel, seine Verwandten wohnten in der Nähe, auf der Brehmstraße. Im Mai 1922 starb sein Bruder Martin in Stettin. Sein Vater Leo Levin verstarb Ende des gleichen Jahres in Berlin.

Von 1922 bis 1926 war Julo Levin Student für Freie Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie. Zu seinen Lehrern dort gehörten Heinrich Campendonk und Heinrich Nauen, bei dem Levin ein Atelier als Meisterschüler hatte. Julo Levin wurde Mitglied der Vereinigungen „Das Junge Rheinland“ und der „Rheinischen Sezession“. Mittlerweile wohnte Julo Levin in der Karlstraße 84. Am 17. Januar 1928 zog er in eine Wohnung in der Immermannstraße 66. Vielleicht hatte er den Tipp von seinem Künstlerkollegen Karl Schwesig, der seit 1927 in dem Haus wohnte und arbeitete. Im Sommer 1931 unternahm Julo Levin eine längere Reise nach Marseille. Schon 1926 war er in Paris gewesen. Die Reisen inspirierten ihn sehr. Finanziell wurde er von seiner Mutter unterstützt.

Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurde Levin am 29. Juni 1933 aus politischen Gründen verhaftet. Wegen seiner jüdischen Herkunft blieb ihm die Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer verwehrt, er erhielt Mal- und Ausstellungsverbot. 1936 bot ihm die 1935 neu gegründete private Jüdische Volksschule auf der Düsseldorfer Kasernenstraße die Stelle eines Zeichenlehrers an. Die in seinem Unterricht entstandenen Kinderzeichnungen sind eindrucksvolle Zeugnisse der Veränderung jüdischen Lebens in den 1930er Jahren.

1937 wohnte Julo Levin immer noch in der Immermannstraße 66. Am 9. März 1937 wurde er von der Gestapo erneut festgenommen. Diesmal wurde das folgende in seiner Akte vermerkt: „Levin, der als Zeichenlehrer an der hiesigen jüdischen Volksschule angestellt ist, mit dem wegen dringenden Verdachtes der Vorbereitung des Hochverrats festgenommenen Künstlers Peter Ludwigs, wohnhaft in Düsseldorf, Konkordiastraße Nummer 19 III, verkehrt. Da er “Jude” ist, lehnt er selbstverständlich den nationalsozialistischen deutschen Staat ab, und es wird angenommen, dass er die politische Einstellung des Ludwigs gutheißt und sie auch mit Ihnen teilt.“ Beide, Ludwigs und Julo Levin, wurden aufgrund von mangelnden Beweisen freigelassen. Vielleicht war diese erneute Verhaftung jedoch für Julo Levin der Auslöser für den Entschluss, Düsseldorf zu verlassen.

Am 27. März 1938 wurde Levin gemeinsam mit seinen Kolleginnen, Dr. Beatrice Strauss und Dr. Ruth Nussbaum, zu denen er ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, von der jüdischen Schule verabschiedet. In einem Brief schrieb er: „Nächste Woche ist Schluss hier, und ich atme auf. Es war ein recht schweres, unangenehmes Jahr für mich, wobei ich allerdings manches lernen konnte. Leider wird es ja nicht mehr ohne Stellung gehen: bisher stehe ich hier mit verschiedenen Schulen in Verbindung. Entschieden hat sich noch nichts, aber nachts träume ich schon von dem furchtbaren Umzug, der viel Kosten und Arbeit verursachen wird. Die Hatz geht also unentwegt weiter.“

Im April 1938 bezog er dann eine Wohnung in Berlin. Er unterrichtete später dort an der 1932 gegründeten privaten Jüdischen Waldschule Kaliski in Berlin-Dahlem. Als 1939 die Schule auf Druck der Nationalsozialisten geschlossen werden musste, arbeitete Levin bis zum Ende des jüdischen Schulwesens in Deutschland im November 1941 an einem privaten Realgymnasium der Reformgemeinde, der Holdheim-Schule (benannt nach dem jüdischen Reformrabbiner Samuel Holdheim, 1806-1860). Mehr als 1.300 der in seinem Unterricht entstandenen Kinderzeichnungen sind durch seine Schwester Else, die rechtzeitig nach England einreisen konnte, und durch den mutigen Einsatz der mit Levin befreundeten Mieke Monjau, Ehefrau des Malers Franz Monjau (1903-1945), gerettet worden. Sie befinden sich heute im Düsseldorfer Stadtmuseum.

Am 17. Mai 1943 wurde Julo Levin mit dem „Osttransport” Nr. 38 von Berlin, Bahnhof Putlitzstraße, in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet. Seine Mutter war bereits am 23. September 1942 aus Berlin in das Ghetto Theresienstadt deportiert worden. Sie starb im Ghetto am 24. Januar 1944.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf

Die Gedenkstätte ist Karfreitag und Ostersonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet und an Karsamstag von 13 bis 17 Uhr.
Montag bleibt das Haus geschlossen.

Wir wünschen allen schöne Ostertage und eine gute Zeit!